Der Weg

 

Es war einmal ein ganz normaler Mensch ...

glücklich und zufrieden. Er trank ab und zu ein Gläschen Wein oder ein Bier. Manchmal, nach dem Essen, einen kleinen Schnaps. Nur zur Verdauung, und nur ab und zu, wenn er sich mit Freunden traf. Er genoss die Gesellschaft der Freunde, und er genoss das Gläschen Wein.

 

Es ging ihm gut. Er ging gerne ab und zu in ein Cafe, las die Zeitung und trank seine Tasse Kaffee ...
 

Er ging gerne unter Menschen, freundete sich auch schnell an.

 


Er setzte sich liebend gerne in die Sonne und hörte seine Musik. Ohne Musik konnte er sich das Leben nicht vorstellen.
Stundenlang saß er so da und ließ sich von der warmen Sonne bestrahlen ...
 

Aber dann veränderte sich sein Verhalten. Er wurde mürrisch, ungeduldiig, und war öfters schlecht gelaunt. Er trank nun
öfters, versteckte die Flaschen und fand immer eine Ausrede, die plausibel genug klang, warum er immer mehr
zur Flasche griff.

 

Jetzt war es kein "Genusstrinken" mehr! Auch das Stadium "Gewohnheit" und "Missbrauch" hatte er bereits hinter sich gelassen. Jetzt brauchte er den Alkohol. Alles drehte sich nur noch um Hochprozentiges. Billigen Fusel, weil nicht genügend Geld da war. Neue Verstecke suchen, neue Ausreden erfinden ...

Arbeit verlieren, nicht mehr wissen, was am Vortag geschehen war... Irgendwo aufwachen... auf einer Parkbank, im Wald, an einer Haltestelle ... Geld besorgen, auch auf nicht gesetzliche Art ... Hauptsache, es war immer genügend "Stoff" da.

 

Kann man das noch ein Leben nennen? ... aufwachen auf einer Parkbank? Nicht mehr wissend, was letzte Nacht geschehen war? Anscheinend ja! Denn es ging noch ewig so weiter.
 


Es interessierte ihn nicht, dass er keine Arbeit hatte. Es interessierte ihn nicht, dass die Familie sich Sorgen machte. Es interessierte ihn nicht, dass kein Geld da war. Das Einzigste, das ihn interessierte war: "Wie komme ich an Alkohol?" Dabei war ihm egal, ob er Geld stehlen musste oder nicht. Egal, ob er lügen musste oder nicht. Egal, was andere über ihn dachten.
    
Aber dann veränderte sich sein Verhalten. Er wurde mürrisch, ungeduldig, und war öfters schlecht gelaunt. Er trank nun öfters, versteckte die Flaschen und fand immer eine Ausrede, die plausibel genug klang, warum er immer mehr zur Flasche griff.

 

Dann, irgendwann, setzte ihm die Familie das Messer auf die Brust und lieferte ihn in Günzburg ein, eine Motivations- und Entzugsstation. Dort gab es geschlossene Räume und vergitterte Fenster: die Entzugsstation.

 

Die ersten zwei Wochen durfte man das Gebäude im Erdgeschoss nicht verlassen. Danach war es möglich, in das obere Stockwerk umzuziehen. Auch hier gab es ein Ausgangsverbot für weitere zwei Wochen, aber keine vergitterten Fenster mehr und keine verschlossenen Türen. Nach dieser "Sperrfrist" war es möglich, mit jemandem, der bereits länger dort wohnte, zumindest ein wenig Spazieren zu gehen. Das Gelände selbst durfte jedoch nicht verlassen werden.
 

Das war gar nicht so einfach. Manchmal konnte er dies nicht akzeptieren. Auch die Abstinenz machte ihm zu schaffen. Das Verlangen nach Alkohol war immer noch gegenwärtig.
 

Nervös, gestresst, bockig, allein ...

 

Nach über 8 Wochen erhielt er einen Platz für eine Langzeitherapie in Ravensburg, in der sich nur Männer befanden. Auch dort konnte er es kaum aushalten und brach nach einer Weile seine Therapie ab. Er kehrte zurück zu seinen Eltern und machte eine ambulante Therapie in Neu-Ulm, die 6 Monate dauerte. Er hatte anscheinend in dieser ganzen Zeit nichts gelernt oder nichts lernen wollen ... Ein halbes Jahr später baute er seinen ersten Rückfall, dem viele folgten, bis er wieder genau da war, wo er aufgehört hatte... beim Alkohol!

 

... wieder in Günzburg - wieder die gleiche Prozedur. Zwei Wochen lang. Kurze Zeit abstinent und nochmals nach Günzburg. Manche Menschen brauchen einfach länger, um zu verstehen, dass der Alkohol gefährlich ist.

Alkoholismus ist als Krankheit vor längerer Zeit anerkannt worden. Was die wenigsten wissen ist, dass die Krankheit nur gestoppt, allerdings nicht geheilt werden kann. Ein Betroffener muss tatsächlich sein restliches Leben auf Alkohol verzichten, ohne wenn und aber. Falls nicht, führt diese Krankheit zum Tode, früher oder später...


Es ging eine Weile gut, jedoch baute er immer wieder einen Rückfall. Nach einem weiteren Aufenthalt in Günzburg entschied er sich, dieses Mal, in eine stationäre Therapie in Wilhelmsheim bei Stuttgart zu gehen. Die Therapie war mit 16 Wochen festgesetzt. 16 Wochen lang an sich arbeiten, verstehen lernen und Gefahren aus dem Weg gehen.

 

Er wusste bereits alles, was es zum Thema Alkohol zu sagen gab. Er wusste, worauf er achten musste, damit er keinen Rückfall mehr baute. Er wusste alles!

Für ihn war es wie in Urlaub fahren. Bekam er doch ein gutes Essen, einen Schlafplatz, viele neue Bekannte ... konnte schwimmen gehen oder durch die Wälder streichen, faulenzen, es sich gut gehen lassen, und er musste nicht arbeiten bzw. sich einen Job suchen. Taschengeld hatte er ebenfalls, welches vom Arbeitsamt bezahlt wurde...

 

Wieso ich so etwas behaupten kann? Weil er am gleichen Tag, an dem er entlassen wurde,  nach 16 Wochen in Wilhelmsheim, sich wieder die "Hucke vollsoff"! Bis zur Bewußtlosigkeit.

 

Ich sah ihn noch ein paar Mal, und immer hatte er etwas getrunken. Was er jetzt macht, weiß ich nicht. Vielleicht hat er endlich das umgesetzt, was er in den vielen Jahren gelernt hat, vielleicht aber auch nicht ...

Alkoholismus ist eine Krankheit, die jeder selbst bekämpfen muss! Niemand anderes ist schuld, außer man selbst!


Ich hatte mehrere Ausstellungen mit diesen Bildern in Ulm. Zusätzlich veröffentlichte ich meine Gedichte, die ich passend zum jeweiligen Bild aussuchte.

Da bereits nach der ersten Ausstellung im Landratsamt Ulm die Nachfrage nach den Bildern und Gedichten sehrgroß war, beschloss ich, einen Bildband zu veröffentlichen, dessen kleinen Auszug Ihr hier auf der Homepage sehen und erwerben könnt.
 

Die Ausstellung sahen sehr viele Menschen, auch Selbsthilfegruppen nahmen daran teil. Das Feedback war überwältigend.

 


Diesen Text (links) hatte ich in Günzburg abfotografiert, der in einem Glasrahmen an der Wand hing. Gelassenheitsspruch der Anonymen Alkoholiker:

Gott gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, 
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann 
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
 

Er geht noch weiter, was vielleicht nicht alle wissen:
 

Gott gebe mir die Geduld, mit Veränderungen, die ihre Zeit brauchen, und Wertschätzung für alles, was ich habe.
Toleranz gegenüber jenen, mit anderen Schwierigkeiten und die Kraft, aufzustehen und es wieder zu versuchen.
 

Bei Fragen kannst Du mir gerne schreiben. Ich werde Dir ehrlich antworten.